Sonnabend,10.08.2002, 18:08 Uhr


Barmstedter Zeitung


Die Barmstedter Pfadfinder begegneten während des internationalen Bundeslagers ihrer Partnergruppe aus England. Foto: pr



Pfadfinder leben in ihrer eigenen Stadt
Von Helga Pergande

Barmstedt. In „Jurtown“ mit 5000 Gleichgesinnten zehn Tage in einem riesigen Zeltlager zu leben, das ist schon etwas Einmaliges. „Der erfundene Name beinhaltet it´s your town`, was es ist deine Stadt` heißt“, erzählen Tobias Haberland (18) und Philip Chinery (20) vom Stamm „Weiße Rose“ Barmstedt im Verband christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP).

Die Barmstedter Gruppen „Luchse“ und „Lagerratten“ waren mit Betreuern zum Bundeslager der Pfadfinder in den Landkreis Hof (Bayern) gereist. Dort trafen sie sich mit ihrer Partnergruppe aus England, den „2nd Cottesmore Scouts“ aus Cottesmore nahe Oakham. Die insgesamt etwa 50-köpfige Gruppe mit zehn- bis 16-jährigen Teilnehmern des Bundeslagers und Erwachsenen bezog die drei aus Barmstedt mitgebrachten Kothen sowie mehrere kleinere Zelte. Die „Jurten“ dienten der Gemeinschaftspflege. Dort wurden etwa bei einem romantischen Lagerfeuer Lieder gesungen und geklönt.

„Die bereits bestehende gute Freundschaft mit den Scouts aus Cottesmore haben Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen vertieft“, so Fahrtenleiter Klaus Haberland. Sie hätten sich hervorragend verstanden. Das Bundeslager, das alle vier Jahre stattfindet, lief unter der Spielidee „Leben in der Stadt“. Die Barmstedter und Engländer lebten im Stadtteil „La petite France“, in dem etwa der Eiffelturm nachgebaut oder ein gallisches Festessen mit Wildschweinbraten gegeben wurde. In jedem der acht Teillager wurden verschiedene Workshops angeboten, die die einzelnen Pfadfindergruppen vorbereitet hatten.

Der Stamm „Weiße Rose“ bot Tango-Kurse und Kerzengießen an. Tobias und Philip, aus dem Teilnehmeralter heraus, gaben im Stadtteil „Rodebrook“ Schnitzunterricht. „Im Arbeitsamt` konnte sich jeder über Workshops informieren und je nach Neigung etwas aussuchen“, erzählten die beiden jungen Männer. Wie in einer Stadt habe das Lagerleben auf dem 15 000 Quadratkilometer großen Gelände funktioniert. „Im von uns gewählten Jugendstadtparlament wurden Beschlüsse gefasst, wie etwa das Anbringen von Spiegeln im Waschzelt“, so die Pfadfinder. Wahlkampf, Demonstrationen und Bürgerinitiativen gaben dem Zeltlager Schwung.

Die „städtische Müllabfuhr“ achtete auf Abfalltrennung, die bei Zuwiderhandlung den Besuch eines Müllberaters zur Folge hatte. Im „Jurtown-Lagermarkt“ kaufte das Küchenteam der Barmstedter ein. „Unsere Verpflegung war die beste im gesamten Lager“, schwärmen die Teilnehmer, die die Ausrüstung von Gabel bis Grill und von Topf bis Tasse mittransportiert hatten. Im „Reisebüro“ buchten die Barmstedter mit ihren englischen Freunden eine zweitägige Wanderung mit Übernachtung in einer Schutzhütte. In der Zeltstadt war das „Planetarium“ die Attraktion. Nur fünf dieser aufblasbaren Zelte mit beweglichem Sternenhimmel gibt es in Deutschland.

Die Gemeinschaftsveranstaltungen wie Gottesdienst, Abschlussfeier und Besuchertag, an dem sich etwa 12 000 Menschen in Jurtown befanden, beeindruckten Laura, Anna (beide 16) und Sandra (15) besonders. Auch das Nachtleben in den gemütlichen „Oasen“, den Getränkezelten, genossen Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen. Bekanntschaftspflege, Adressenaustausch und Unterhaltungen mit ausländischen Gastgruppen - alles das sind wichtige Merkmale dieser Veranstaltung zur Völkerverständigung.

700 Teilnehmer waren wie die Scouts aus Cottesmore ausländische Pfadfinder. So auch eine palästinensische und eine israelische Gruppe, bei denen allerdings nur die Jugendlichen untereinander den Kontakt suchten und auch fanden, wie die Barmstedter beobachtet hatten, die selbst in der „Jurte“ ein anregendes Gespräch mit der Palästinensergruppe führte. „Das Bundeslager ist ein Erlebnis, das niemand vergisst“, sind sich die Pfadfinder einig.

Das „Jurtowner“ Hotel „Tentation“, das mit Wellnessprogramm und duftendem Strohlager der Erholung gestresster Gruppenleiter diente, nutzten die Barmstedter nicht - aus Zeitmangel, wie sie berichteten. Tolle Fotos und detaillierte Texte können Interessierte auf der Website (www.vcp-barmstedt.de.) der Pfadfinder anklicken.